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Guten Abend alle!

Wenn wir in den Nachrichten lesen und die ganzen Dinge um uns herum betrachten, dann habe ich immer mehr den Eindruck, dass wir in einer sehr komplizierten Welt leben. Ich weiß nicht, ob es mir nur so vorkommt, weil ich älter werde. Aber ich hatte den Eindruck, dass die Welt vor 20 Jahren einfacher war. Viel-leicht ist es nur ein Eindruck. Heutzutage wird die Welt von einer postmodernen Mentalität beherrscht: Pluralismus und Individualismus. Jeder gestaltet sein Leben, wie es ihm oder ihr gefällt. Selbstverwirklichung ist das höchstes Ziel im Leben. Debatten über die Migrations- und Flüchtlingsbewegung, über Integration und Fremdenfeindlichkeit. Diskussionen und Streitigkeiten über die Umwelt und Zukunftsängsten der nächsten Generation, der Generation Z, siehe Fridays for Future. Und nun schwappen aus Amerika weitere Diskussionen über die Gendergewegung, LGBTQ, Rassismus und Kulturmarxismus über. Wieso ist das heute so kompliziert?
Wie sollen wir als Christen in solch einer Welt leben? Auch viele Christen sind sich uneinig und Christen und Kirchen streiten sich untereinander.
Unser Text heute gibt uns womöglich keine Antwort auf die kon-kreten Fragestellungen der heutigen Welt. Aber sie gibt uns eine Perspektive und ein Mindset, wie wir als Christen in dieser kom-plizierten Welt leben sollen.

Ich möchte mit einem Gebet anfangen.

Meine Predigt teilt sich in 2 Teile auf.
Im ersten Teil möchte ich unsere heutige Passage in den richti-gen Kontext stellen. Ich möchte euch die Stadt Ephesus vorstel-len und die Gemeinde in Ephesus, damit wir den geschichtlichen und gesellschaftlichen Hintergrund verstehen. Und ich glaube, dass diese Betrachtungen sehr hilfreich sind und wir sehen wer-den, dass Gottes Wort immer noch aktuell ist. Anschließend möchte ich über den ersten Teil des Epheserbriefes reden, damit wir die Basis der Botschaft unseres heutigen Textes verstehen. Diese Basis ist auch wichtig, dass wir die Predigten und Bibel-studien in den kommenden Tagen verstehen. Vieles wird Wie-derholung sein, aber es lohnt sich die Grundlagen des Glaubens immer wieder vor Augen zu führen.
Im zweiten Teil gehe ich dann auf unseren heutigen Text ein und gehe auf die Frage ein, wie wir als Christen leben sollen.

WIR SIND EINE FAMILIE

EPHESUS

Ephesus. War schon jemand in Ephesus gewesen? Ich war vor 15 Jahren mal dort. Damals war ich in der Türkei mit meiner Schuljahrgangsstufe für unsere Abifahrt. Ich kann mich nicht mehr so gut daran erinnern. Nur eines, Ruinen. Die Stadt Ephe-sus ist nur noch eine Touristenattraktion, die Stadt selbst gibt es nicht mehr.
Vor 2000 Jahren war es noch ganz anders. Ephesus war die Hauptstadt der römischen Provinz Asia in der heutigen Türkei. Mit 300 000 Einwohnern war sie eines der größten Städte im römischen Reich. Sie war eine Megametropole. Sie war sowas wie Paris oder London heute. Es gab dort einen großen Hafen, in der Schiffe aus aller Welt eintrafen. Viele wichtige Handelswege nach Europa im Westen und nach Asien im Osten gingen von Ephesus aus. Die Stadt war ein Handels- und Wirtschaftszent-rum in der Region und war also sehr reich.
Menschen aus verschiedenen Teilen des römischen Reichs ka-men hier zusammen, sie lebten und arbeiteten hier. Eine multi-kulturelle Gesellschaft.

Durch die verschiedenen Menschen und Kulturen kamen auch allerlei religiöse und okkulte Praktiken und Ideologien zusam-men: der Kaiserkult war sehr dominant, griechisch-römische Göt-ter wurden hier verehrt und ein Potpourri von Lehren aus ande-ren Religionen und Philosophien aus Zentralasien wurden auf dem Marktplatz diskutiert. Insgesamt gab es 14 Tempeln in Ephesus, die verschiedenen Göttern gewidmet waren. Der be-kannteste und größte unter ihnen war der Artemis Tempel. Er gehörte zu den sieben Weltwundern der Antike.
Artemis oder Diana war die Göttin der Fruchtbarkeit. Sie war die Schutzpatronin der Stadt. Als Zeichen der Fruchtbarkeit wurde in ihrem Tempel Prostitution als ein religiöser Akt betrieben. Men-schen aus der ganzen römischen Welt kamen zusammen um sie anzubeten. Es herrschte ein großer Touristenmarkt, in dem Göt-terstatuen, Talismane und andere Dinge verkauft wurden. Zu Ar-temis‘ Ehren wurden Feste gefeiert, in denen die Leute sich tage lang betranken und feierten.
Zudem gab es in Ephesus auch eine große Bibliothek (Celsus-Bibliothek), die den intellektuellen Einfluss der Stadt zeigte.

Wirtschaftlicher Einfluss und Macht, finanzieller Reichtum, mul-tikulturelle Gesellschaft und Pluralismus, religiöse Vielfalt, sexu-elle Freizügigkeit, Personenkult, Profitorientierung, intellektueller Stolz. Wieso kommen uns diese Worte so bekannt vor? Sie tref-fen auf Ephesus vor 2000 Jahren zu. Und ihr habt es gemerkt, sie treffen aber auch auf unsere heutige Zeit zu. Das sind Worte, die wir verstehen und nachvollziehen können. Und ich glaube, dass uns die Bibel einmal mehr zeigt, wie relevant sie doch für unsere heutige Gesellschaft ist.

DIE GEMEINDE IN EPHESUS

Wir lesen in der Apostelgeschichte, dass der Apostel Paulus am Ende seiner 2. Missionsreise nach Ephesus gekommen ist. Zu dem Zeitpunkt war er in Begleitung eines Missionarsehepaars, Priszilla und Aquila oder Priska und Aquila. Dieses Ehepaar blieb dann in Ephesus zurück und gründete dort die erste Hausge-meinde. Später kam Paulus während seiner dritten Missionsrei-se nach Ephesus zurück. Er gründete dort eine Bibelschule. Er lehrte zunächst in der jüdischen Synagoge für einige Monate und nachdem er von dort vertrieben wurde, lehrte in der Schule des Tyrannus. Insgesamt blieb er ca. 3 Jahre dort. Wir können uns vorstellen, dass er in diesen 3 Jahren viele Freunde und Feinde gemacht hatte. Paulus war ja ein sehr charismatischer Redner. Er leitete und kannte die Gemeinde in Ephesus daher sehr gut.
Etwa 10 Jahre später schrieb Paulus den Epheserbrief. Er schrieb diesen Brief aus seiner Gefangenschaft entweder in Rom oder in Cäsarea (da sind sich die Theologen und Historiker nicht ganz einig). Aber wenn wir den Epheserbrief lesen, überrascht es uns, dass er sehr unpersönlich geschrieben ist. Es werden keine konkreten Themen oder Streitfragen, die in der Gemeinde aufge-kommen sein könnten, aufgegriffen, wie z.B. in den Korinther-briefen. Es werden keine persönlichen Grüße übermittelt, wie z.B im Römerbrief. In den drei Jahren hätte er sicher viele Freunde gehabt, die er grüßen würde. Deswegen geht man davon aus, dass dieser Brief nicht nur an Ephesus gerichtet war, sondern ein Rundbrief an die Gemeinden in Kleinasien gewesen ist. Aber auch gerade weil dieser Brief so allgemein gehalten ist, und die allgemeinen und zeitlos gültigen Prinzipien des christlichen Lebens, vor allem des christlichen Gemeindelebens, lehrt, ist er auch für uns fast 2000 Jahre später relevant und aktuell. Wir können sehr viel lernen aus dem Epheserbrief.

DER EPHESERBRIEF

Gehen wir nun in den Inhalt des Epheserbriefes hinein. Der Epheserbrief teilt sich in zwei Teile auf. Kapitel 1-3 ist der dog-matische Teil, der Lehrteil. Kapitel 4-6 ist der praktische Teil, der Anwendungsteil.
In Kapitel 1 und 2 erzählt Paulus, wie Gott, Jesus und der heilige Geist dazu beigetragen haben, dass wir zu Gott gehören.
Paulus erklärt weiter. Wir Menschen sind von Gott geschaffen worden. Aber wir haben Gottes Führung über Bord geworfen und so kam die Sünde in die Welt. Die Sünde brachte uns den ewigen Tod und die Trennung von Gott. Wir waren tot in unseren Verfeh-lungen und Sünden (2,1; 2,5). Gott aber sandte seinen einzigen Sohn Jesus Christus, der für uns und unsere Sünden starb und von den Toten auferstand (1,20f.). Mit Christus sind auch wir le-bendig gemacht (2,1). Christus hat die Trennung zu Gott wieder aufgehoben (2,6). Durch Gottes Gnade sind wir errettet. (2,8)

Eph 2,8
„Denn aus Gnade seid ihr gerettet durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es.“

Und Paulus spricht nun weiter. Er betet für uns, dass wir den „Geist der Weisheit und der Offenbarung“ (1,17) bekommen und dass „die Augen [unseres] Herzens“ (1,18) erleuchtet werden, damit wir das ganze Ausmaß dieser guten Nachricht, dieses Evangeliums, erkennen. Und Paulus spricht hier von einem Ge-heimnis, das

Eph 3,5-6
„in früheren Zeiten den Menschenkindern nicht kundgemacht (ist), wie es jetzt offenbart ist seinen heiligen Aposteln und Propheten durch den Geist; nämlich dass die Heiden Miter-ben sind und mit zu (Christi) Leib gehören und Mitgenossen der Verheißung in Christus Jesus sind durch das Evangeli-um.“

Und dann spricht er zu den Heiden direkt

Eph 2,11-13.19
„Darum denkt daran, dass ihr, die ihr einst nach dem Fleisch Heiden wart… dass ihr zu jener Zeit ohne Christus wart, ausgeschlossen vom Bürgerrecht Israels und den Bun-desschlüssen der Verheißung fremd; daher hattet ihr keine Hoffnung und wart ohne Gott in der Welt... Jetzt aber in Christus Jesus seid ihr, die ihr einst fern wart, nahe geworden durch das Blut Christi… So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, son-dern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen“

Das ist die Kernbotschaft des Lehrteils im Epheserbrief. Dadurch, dass Gott uns bestimmt hat, zu ihm zu gehören, dass Jesus für uns gestorben ist und dass wir den Heiligen Geist empfangen haben, sind wir alle in Gottes Familie adoptiert. Wir haben damit nicht nur eine Beziehung zu Gott, unserm Herrn und Vater, son-dern auch untereinander als Brüder und Schwestern. Vor Jesu Kreuzestod galt dieser Zuspruch, zur Familie Gottes zu gehören, nur den Israeliten, also nur den Juden, aber nun gilt es allen. Egal, ob wir Juden oder Nicht-Juden, Deutsche, Koreaner, Inder, Mol-dawier oder anderer Herkunft, Jung oder Alt, Schüler, Student, Berufstätiger oder Rentner, Mann oder Frau, Konservativ oder Li-beral sind. Wir sind als neugeborene Christen, alle, Teil der Fami-lie Gottes.

Und nun kommen wir zum praktischen Teil. Kapitel 4-6.

Eph 4,1
„So ermahne ich euch nun, ich, der Gefangene in dem Herrn, dass ihr der Berufung würdig lebt, mit der ihr berufen seid“

Durch Gottes Erlösungswerk sind wir in unserem innersten We-sen verändert worden. Wir gehören zu Gottes heiligem Volk. Dadurch haben wir ein neues Leben, wir sind neu geboren, und das soll sich auch in unserm äußeren Leben widerspiegeln. Pau-lus nimmt das Bild von jemandem, der seine alte, verschwitzte und dreckige Kleidung auszieht und frische, neue Kleidung an-zieht. So sollen auch wir unsere alten Gewohnheiten, die auf weltlichen Maßstäben basiert sind, ausziehen und ein neues Le-ben in Christus führen.

Wir sind nun „ein Leib“ mit Christus und als Gemeinde, wir haben „einen Geist“, nämlich den heiligen Geist, wir haben „eine Hoff-nung“, „einen Herrn“, „einen Glaube“, „eine Taufe“, „ein[en] Gott und Vater“. (4,4-6)

Wir sind EINE FAMILIE.

WIR SIND GOTTES FAMILIE

Wir haben also gelernt, dass Gott uns in seine Familie berufen hat, dass er uns zur Einheit mit Gott und mit unseren Brüdern und Schwestern berufen hat. Frage: Wie können wir unserer Be-rufung würdig leben? Wie sollen wir als neu geborene Christen leben?
Und Kapitel 5 nun, den Text, den wir heute gelesen haben, be-antwortet die Fragen gleich:

Eph 5,1.2
„So ahmt nun Gott nach als geliebte Kinder und wan-delt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat und hat sich selbst für uns gegeben als Gabe und Opfer, Gott zu einem lieblichen Geruch.“

Wie sollen wir leben? Ahmt Gott nach. Das ist gleich die Haut-aussage des praktischen Teils. „Seid Nachahmer Gottes“ (ELB), „Nehmt euch daher Gott selbst zum Vorbild“ (NGÜ).
Unser christliches Leben, unser Glaubensleben, unser Leben als neugeborene Christen soll darin bestehen, Gott nachzuahmen. Paulus betont vor allem eine Sache: Gottes Liebe. Wie Christus uns geliebt hat. Wie er sich selbst für uns als Gabe und Opfer gegeben hat. Auf dieses Prinzip, Gott nachzuahmen, Jesu Liebe und Hingabe für uns nachzuahmen, darauf baut das ganze christliche Leben auf. Ahmt Gott nach.
Paulus wird weiter im Folgenden erzählen, was es konkret heißt. Ich werde darauf eingehen. Nach unserer Passage kommen dann konkrete Anweisungen für das Leben als Ehepaar (Kapitel 5,21-33), für die Kindererziehung ( Kapitel 6,1-4), für die Bezie-hung als Arbeitnehmer und Arbeitgeber (Kapitel 6,5-9) – wir nennen diese Passagen „die christliche Haustafel“ –und zum Schluss kommt eine letzte Ermutigung stark zu bleiben im Glau-ben, die geistliche Waffenrüstung. Diese Passagen sind sehr be-kannt und werden sehr oft zitiert. Aber die Hauptaussage aus der gesamten Passage lautet: „ahmt Gott nach / seid Nachah-mer Gottes“ (5,1).

Wir sind GOTTES FAMILIE. Wir gehören zu ihm. Und darum sol-len wir wie er leben.
Ich finde es wichtig, zu erwähnen, dass die Bibel nie sagt, „führt ein gutes Leben, sei ein guter Mensch“. Wir machen uns oft vor und denken, es reicht aus, ein guter Mensch und ein Vorbild für die Menschen in der Umgebung zu sein. Nein, das reicht nicht aus. Der menschliche moralische Standard von Gut, ist nicht das Ziel des Christenlebens. Wir sollen keine „guten“ Menschen werden. Es geht nicht darum ein guter Mensch zu sein. Das was unsere Gesellschaft, als „gut“ bezeichnet, ist nicht unbedingt gut bei Gott. Mahatma Gandhi war ein guter Mensch nach menschli-chem Standard, aber wir werden ihn wahrscheinlich nicht im Himmel wiedersehen. Andere Menschen, die wir achten für ihre selbstlosen Taten, werden wir höchstwahrscheinlich nicht im Himmel wiedersehen. Was „gut“ vor Menschen ist, kann niemals die Güte und Gerechtigkeit Gottes erreichen. Es geht darum, Gott und Christi Liebe nachzuahmen. Das ist das Ziel und Standard des Christenlebens. Die Beziehung zu Gott und die Ausrichtung auf Gottes Liebe. Gott ist der Standard, nicht die Moral und Ethik der Menschen.

Eigentlich ganz einfach. „Ahmt Gott nach“. Das ist die einzige Aufforderung. Aber natürlich wissen wir auch, dass das sehr ho-her Anspruch ist. Christi Liebe nachzuahmen, diese aufopfe-rungsvolle, selbstlose, bedingungslose und einseitige Agape-Liebe, ist etwas, was wir nicht oft sehen. Aber Paulus gibt uns eine Hilfestellung.

Eph 5,8.9
„Denn ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht in dem Herrn. Wandelt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtig-keit und Wahrheit.“

Wir WAREN Finsternis, jetzt aber SIND wir Licht. Merkt ihr was? Wir sind nicht IM Licht, nicht IM Licht Gottes, wir SIND Licht. Wir erinnern uns an das Wort Jesu aus der Bergpredigt.

Mat 5,14.16
„Ihr seid das Licht der Welt… So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“

Wir sind nicht wie der Mond, der das Licht von der Sonne be-kommt, aber eine Seite steht immer im Dunkeln. Wir sind die Sonne. Weil Gott uns in diese Position gestellt hat. Wir sind Kin-der Gottes und Gott ist Licht, darum sind wir das Licht der Welt.

„Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsternis“ (1.Joh 1,5) Das Licht ist stärker als die Finsternis. Im Licht hat die Finsternis keine Macht. Auch wenn wir nur eine kleine Kerze in der Finster-nis anzünden, wird es hell. Das Licht besiegt die Finsternis. Die-se Analogie beschreibt, wie radikal verändert unser innerstes Wesen durch Christus geworden ist. Wir waren Finsternis, aber nun sind wir Licht. Wir sind eine neue Kreatur, wir sind neu gebo-ren. Wir sind das Licht der Welt und sollen unser Licht, das Licht des Heiligen Geistes, das Licht Gottes, vor den Leuten preisen. Paulus ermutigt uns, unserer Identität klarzuwerden. Wir tun uns schwer unser Leben, unsere Handlungen, unsere Gewohnheiten zu verändern, es sei denn wir ändern unser Mindset, unser Ver-ständnis über unsere Identität. Wir sind Licht. Wir sind das Licht der Welt.
Aber nicht nur das. „Die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Ge-rechtigkeit und Wahrheit.“ (5,9) Denken wir darüber nach. Eine Frucht entsteht ohne unseren direkten Einfluss. Ja, wir müssen die Pflanze begießen und pflegen, aber die Frucht wächst von selbst heran. Genauso ist es mit der Furcht des Lichts. Gottes Geist in uns befähigt uns, Gott nachzuahmen und Früchte zu tragen. Wir sind nicht allein in unserem Vorhaben. Wir müssen nicht krampfhaft versuchen, Gottes Gebote einzuhalten und Frucht zu bringen. Auch als Christen können wir in eine gesetzli-che christlich-moralistische Haltung, wie die Pharisäer oder Ju-denchristen im Neuen Testament, zurückfallen. Nein, der Heilige Geist hilft uns dabei.
Und so kommt beides zusammen. Gottes Geist, der in uns und durch uns wirkt und die Frucht hervorbringt, aber auch unsere Entscheidungen, unser Handeln und unser Bestreben, Gott nachzuahmen.

Paulus fasst es so zusammen:

Eph 5,14
„Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den To-ten, so wird dich Christus erleuchten.“

„Wach auf“ ist der aktive Teil. „Christus wird dich erleuchten“ ist der Teil, der durch den heiligen Geist gewirkt wird.

Paulus gibt uns nun konkrete Anweisungen. „Ahmt nun Gott nach“ und „wandelt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat“. Nachdem wir von dieser hingebungsvol-len Liebe gehört haben, ermahnt uns Paulus, Verhaltens-weisen abzulehnen, die im Gegensatz zu solcher Liebe stehen.

„Unzucht“ – das griechische Wort, das hier benutzt wird ist πορνεία (porneia), wovon das Wort Pornografie abstammt. In der Bibel wird dieser Begriff für alle Arten von Geschlechtsver-kehr außerhalb der Ehe bezeichnet. Ehebruch, Sexualität vor der Ehe, Geschlechtsverkehr unter nahen Verwandten, praktizierte Homosexualität. Paulus hat hier wahrscheinlich die Tempelpros-titution in Ephesus und in anderen Städten im Blick oder auch die sexuelle Freizügigkeit und den sorglosen Umgang mit Ho-mosexualität und Pädophilie in der römischen Kultur.

„Unreinheit“ – ist allgemeiner und geht über die Sexualität hinaus. Sie bezeichnet Unmoral und ein auf sich selbst gerichtetes Le-ben. Und hat eine ähnlich Bedeutung wie wHabsucht.

„Habsucht“ – Zitat: „Die Liebe schenkt. Die Habsucht will. Die Liebe denkt an den anderen. Die Habsucht denkt nur an den ei-genen Vorteil“ So beschreibt der Theologe und frühere Leiter der FTH in Gießen Helge Stadelmann die Passage. Wahrscheinlich denkt Paulus hier an den Reichtum der Stadt Ephesus, die Pro-fitgier und Götzendienst um den Artemiskult und all die anderen Götter.

All diese Dinge stehen im krassen Gegensatz zur Agape-Liebe, die Christus uns gezeigt hat. Unzucht, Unreinheit und Habsucht sind auf das eigene Leben gerichtet, auf die eigene Erfüllung, auf die eigene Befriedigung, während die Agape-Liebe von Gott kommt und an ihn und den anderen Menschen gerichtet ist. Das alles ist ein Götzendienst, weil sie nicht Gott und den Menschen dient (5,5). Wir sollen nicht einmal über diese Dinge reden (5,3).
Nicht nur auf unser Leben und unser Handeln sollen wir achten, sondern auch auf unsere Worte. Wir sollen nicht „von schändli-chem Tun und von närrischem oder losem Reden“ reden. In der Elberfelder wird von „Unanständigkeit und albernes Geschwätz und Witzelei“ gesprochen. Die NGÜ übersetzt sie mit „Obszönitä-ten, gottloses Geschwätz und anzügliche Witze“. Mit Worten ver-letzen wir Menschen mit losem Reden oder „Possenreißerei“, wie es auch übersetzt wird, stellt sich der Redner selbst in den Mit-telpunkt und lenkt die Aufmerksamkeit auf sich. Wir verletzen Menschen zu unserem eigenen Vorteil und Belustigung.

Was sollen wir stattdessen tun? Unser Mund soll erfüllt sein mit Danksagung. Dank an Gott für seine Liebe und Gnade und die-sen Dank an unsere Mitmenschen weitersagen.
Weiter in Vers 18 erwähnt er auch, dass wir bewusst und proak-tiv unser Leben führen sollen. Wir sollen uns nicht berauschen in Wein, nicht betrunken werden, wie die Epheser an den Festen zu Ehren ihrer Götter, die in Orgien ausarteten.
Stattdessen fordert uns Paulus auf, alles daran zu setzen vom Heiligen Geist erfüllt zu werden. Es gibt verschiedene Möglich-keiten, das zu tun. Das klassische regelmäßige Bibellesen und Gebet, das Bibelstudium zu zweit oder in Gruppen, inspirierte Predigten (Timothy Keller, Derek Prince, Ulrich Parzany) zu hören oder modern christliche Youtube-Videos anzuschauen, für man-che ist es einfach nur in die Natur hinaus zu gehen und Gottes Wunder zu betrachten. Aber in allem, sollen wir unser Glaubens-leben bewusst führen.
Und einigen wird das Herz aufgehen, das Paulus hier die Musik und den Lobpreis explizit erwähnt. Singt und spielt dem Herrn, ermuntert mit Psalmen, Lobgesängen, geistlichen Liedern und noch einmal sagt Dank!
Unser Leben soll auf Gott ausgerichtet sein, damit wir ihn näher und näher kennen lernen und ihm nachahmen können. Wir sol-len Licht sein, damit die Welt Gott preist.

Ich fasse zusammen.

Wir haben uns heute am ersten Tag der CMI Online-Sommerbibelkonferenz 2021 den Epheserbrief im Längsschnitt betrachtet. Und dabei besonderen Schwerpunkt auf Kapitel 5 ge-legt. Die Kernbotschaften des gesamten Epheserbriefes sind diese: Wir sind EINE Familie in Christus und wir sind GOTTES Familie und dadurch Nachahmer Gottes. In dieser komplizierten Welt, in der Wahrheit und Lüge vertauscht werden, in der Gottes Wort nicht mehr als Gottes Wort bezeichnet wird, in der Gottes Schöpfungsordnung durch eine willkürliche menschliche Ethik im Namen der menschlichen Liebe ersetzt wird, in der die Gesell-schaft sich mehr und mehr von Gott abwendet, sind wir als Christen dazu aufgefordert, Gott nachzuahmen.
Ich bin selbst sehr herausgefordert durch den Text. Oft frage ich mich, wenn ich solche Predigten vorbereite, ob es ok ist, sowas zu predigen. Weil ich selbst nicht gut darin bin, diesen Anforde-rungen gerecht zu werden. Ich predige, aber ich sehe wie ich selbst oft von den menschlichen Gedanken beeinflusst werde. Ich bekenne selbst, dass ich schwach bin. Nach meiner Hoch-zeit vor 2 Jahren, meinem Umzug nach England, in ein komplett neues Umfeld, nach der Geburt meiner Tochter, und dann auch noch Lockdown… mein Alltag hat sich so radikal gewandelt, dass ich oft Schwierigkeiten hatte den Fokus wirklich auf Gott zu setzen.

Dieses Wort gilt mir. Und hoffentlich ist er auch an dich gerichtet. „Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.“

Amen.

Lasst uns beten.